Prof. em. Dr. rer. nat. Georg Hartmann, früherer Hochschullehrer an der Universität Paderborn, verstarb am 9. April 2018 im Alter von 81 Jahren. In einem Nachruf im Namen vieler Hochschulangehöriger würdigt Prof. Dr.-Ing. Bärbel Mertsching, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, ihren verstorbenen Doktorvater:
Georg Hartmann wurde am 07. April 1937 in Fürth geboren. Nach der Schulzeit nahm er an der Universität Erlangen-Nürnberg unter schwierigen Bedingungen ein Physik-Studium auf. Bereits vor dem Abitur war sein Vater verstorben. Er musste nicht nur Geld für sein Studium verdienen, sondern auch seine Mutter unterstützen. Lange Zeit fuhr er LKW für das Speditionsunternehmen des Vaters.
Nach dem Studium und seiner Promotion im Jahr 1968 trat er in die Firma Friesecke & Hoepfner (später FAG Kugelfischer) ein und stieg bis zum Prokuristen auf. Besondere Verdienste erwarb er sich bei der Einführung des z80-Prozessors im Unternehmen.
1979 wurde Georg Hartmann als Professor für Elektrotechnik an die Universität-Gesamthochschule Paderborn, heute Universität Paderborn, berufen. Er übernahm den Lehrstuhl „Grundlagen der Elektrotechnik“. Generationen von Studierenden hat er die Fundamente für ein erfolgreiches Berufsleben als Elektroingenieure vermittelt. Sein exzellentes Tafelbild war legendär. In seinen Veranstaltungen zur optischen Mustererkennung weckte er nicht nur bei mir das Interesse für dieses Themengebiet.
Sein Forschungsinteresse galt der optischen Mustererkennung, insbesondere dem biologienahen maschinellen Sehen. Er entwickelte den Hierarchischen Strukturcode zur Beschreibung von elementaren Bildmerkmalen und leistete viele Beiträge für die Weiterentwicklung von neuronalen Netzwerken für das maschinelle Sehen. Im Lauf seiner Berufstätigkeit wuchs sein Interesse an der Robotik. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag in Hardwareentwicklung für Bildverarbeitungssysteme. Neben grundlegenden wissenschaftlichen Arbeiten interessierte ihn die konkrete Anwendung von Forschungsergebnissen. So flossen seine wissenschaftlichen Erkenntnisse in ein robotergestütztes System zur Demontage von Reifen bei Altautos, welches er mit seinem Team in den letzten Jahren seiner Berufstätigkeit realisierte. Ein Prototyp wurde im Winterhalbjahr 2001/02 im Rahmen der Sonderausstellung „Computer.Gehirn“ im Heinz Nixdorf Museums Forum gezeigt. Für Georg Hartmann war das Lösen von wissenschaftlichen Problemen eine lebenslange Leidenschaft. Seine anderen ehemaligen Mitarbeiter und ich erinnern uns an viele Stunden am Besprechungstisch in seinem Büro, wenn er über das Wochenende neue Ideen entwickelt hatte, die er mit uns besprechen und umsetzen wollte.
Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit engagierte sich Georg Hartmann in vielfältiger Weise an der Universität Paderborn. Von 1983 bis 1987 war er Prorektor für Planung und Finanzen im ersten Rektorat nach den beiden Gründungsrektoraten. Lange Jahre war er Mitglied des akademischen Senats. In seine Amtszeit als Dekan des Instituts für Elektrotechnik und Informationstechnik fielen wichtige strukturelle Veränderungen an der Universität. So trieb er den Zusammenschluss der ehemaligen Fachbereiche Elektrotechnik und Informatik/Mathematik zu der heute bestehenden gemeinsamen Fakultät Elektrotechnik, Informatik und Mathematik voran. Er war Vorsitzender des CADLAB-Beirats und beteiligte sich als Mitglied des geschäftsführenden Vorstands beim Aufbau des Heinz Nixdorfs Instituts.
Über seine Tätigkeit an der Universität Paderborn hinaus, war Georg Hartmann u. a. Gründungsmitglied der Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Mustererkennung (DAGM) und lange Jahre ihr Vorsitzender. Er wirkte als Mitglied im Beirat des Hahn-Meitner-Instituts in Berlin sowie als Mitglied der Brandenburgischen Landeskommission für Hochschulen und Forschungseinrichtungen, wo er den Aufgabenschwerpunkt Optische Mustererkennung, Neuronale Netze sowie Hardwareentwicklung für Bildverarbeitungssysteme koordinierte.
Auch nach seiner Emeritierung im Jahr 2002 hielt er den Kontakt zu seiner Hochschule. Häufig besucht er die Emeriti-Treffen. Er fand Zeit, seinen künstlerischen Neigungen nachzugehen, im Dahler Singekreis, im Motetten Chor, als Flötist innerhalb eines Trios oder beim Zeichnen in der Sommerakademie.
Georg Hartmann genoss in fachlicher wie in menschlicher Hinsicht immer große Wertschätzung. Sein Wirken war auch deshalb eindrucksvoll, weil es bei aller Zielstrebigkeit mit Bescheidenheit und Zurückstellung der eigenen Person einherging. Freunde und Freundinnen und viele Hochschulangehörige trauern um Georg Hartmann.
Das Institut für Elektrotechnik und Informationstechnik wird ihn in bester Erinnerung behalten. Unser Mitgefühl gilt seiner Frau Ilse sowie seinen Töchtern Anke und Julia mit ihren Familien.