Anlässlich der 49. Jahrestagung für Akustik – DAGA 2023 in Hamburg wurde Herrn Dr.-Ing. Leander Claes bei der feierlichen Eröffnung der Lothar-Cremer-Preis der Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V. (DEGA) verliehen.
Der Preis ist nach Lothar Cremer (1905-1990), einem der führenden Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts auf dem Gebiet der Technischen Akustik, benannt. Alljährlich wird der Preis für einen Nachwuchswissenschaftler bzw. eine Nachwuchswissenschaftlerin für eine herausragende Promotionsleistung verliehen.
Bereits im Februar 2021 hat Herr Dr. Claes sein Promotionsstudium mit Bravour abgeschlossen. Für seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen im Rahmen seines Promotionsstudiums erhielt er schon mehrere Auszeichnungen. Im Jahr 2022 wurde er für seine Dissertation „Messverfahren für die akustische Absorption in reinen Fluiden zur Bestimmung der Volumenviskosität“ mit dem Preis des Präsidiums der Universität Paderborn für ausgezeichnete Dissertationen gewürdigt.
Wir freuen uns, dass Herr Dr. Claes als Akademischer Rat im Fachgebiet Elektrische Messtechnik weiterhin tätig sein und seine erfolgreiche Forschungs- und Lehrtätigkeit an der Universität Paderborn fortsetzen wird.
Im Namen des ganzen Teams: Herzlichen Glückwunsch zu dieser besonderen Ehrung!
Laudatio für die Auszeichnung von Herrn Dr.-Ing. Leander Claes mit dem Lothar-Cremer-Preis 2023
Es ist mir eine besondere Freude und Ehre die Laudatio für den diesjährigen Lothar-Cremer-Preisträger halten zu dürfen.
Man könnte heute meinen, dass es für fast alle physikalischen Größen eine Vielzahl von Messverfahren gibt. Selbst bei physikalischen Größen, die uns im alltäglichen Leben begleiten, wie auch die Viskosität. Bei genauerem Hinsehen müssen wir jedoch die physikalische Größe Viskosität in 2 Komponenten unterscheiden: der Scherviskosität und der Volumenviskosität. Während für die Scherviskosität das zuvor Gesagte gilt, hier gibt es tatsächlich eine Vielzahl von etablierten Messverfahren, verhält es sich bei der Volumenviskosität gänzlich anders, welche insbesondere bei kompressiblen Strömungsverhältnissen bedeutsam wird.
Will man beispielsweise die Strömungsverhältnisse beim Wiedereintritt von Raumflugkörpern in die Atmosphäre oder bei Objekten, die sich mit Hyperschallgeschwindigkeit bewegen, möglichst exakt vorhersagen oder gar deren Flugeigenschaften gezielt beeinflussen, benötigt man neben komplexen mathematischen Modellen die präzise Kenntnis aller relevanten physikalischen Größen. Das gilt insbesondere für die rheologischen Stoffkenngrößen - Dichte, Scherviskosität und Volumenviskosität.
Weil man heute kaum Informationen über die Volumenviskosität hat, schätzt man diese nur grob. Die Konsequenz: Vorhersagen werden unsicher und diverse technische Probleme bleiben heute noch ungelöst.
Getreu dem Spruch von Galileo Galilei (1564-1642):
"Alles messen, was messbar ist - und messbar machen, was noch nicht messbar ist."
widmete Herr Dr. Claes genau dieser Aufgabe sein Promotionsstudium und liefert mit seiner Dissertation „Messverfahren für die akustische Absorption in reinen Fluiden zur Bestimmung der Volumenviskosität“ einen substantiellen Beitrag zur Entwicklung und Umsetzung eines Messverfahrens für die Volumenviskosität.
Sein Lösungsansatz beruht auf der hochpräzisen Auswertung der Absorption von Ultraschallwellen, denn auch dieser physikalische Vorgang zählt zu den kompressiblen Vorgängen der Fluiddynamik.
Allerdings ist die zu bestimmende Absorption des Ultraschalls in reinen Fluiden im Vergleich zum Beispiel zu Stoffgemischen sehr gering, was noch einmal die besonderen messtechnischen Anforderungen hinsichtlich der Präzision betont.
Bei der Realisierung des Messsystems entwickelte er viele kreative, originelle Lösungen, z.B.:
- die Entwicklung einer robusten Messmethode durch Auswertung der gewöhnlichen Momente des Signalspektrums,
- die Entwicklung einer Sensoreinfassung zur Gewährleistung einer exakt symmetrischen und unbeeinflussten Schallabstrahlung innerhalb der Messkammer,
- eine additiv gefertigte Messzellenkonstruktion zur zuverlässigen Unterdrückung von sich parasitär ausbreitenden Ultraschall, und vieles anderes mehr.
Das von Herrn Dr. Claes entwickelte Messverfahren ermöglicht nun die experimentelle Bestimmung der Volumenviskosität fluider Medien über einen weiten Temperatur- und Druckbereich, sodass Simulationen zukünftig auch bei Berücksichtigung kompressibler Fluidströmungen realitätsnah durchgeführt werden können.
Freuen Sie sich schon auf den Plenarvortrag des Preisträgers, der am Donnerstag um 11:45 Uhr im Plenarsaal stattfinden wird.
Diese Forschungsarbeit ist eingebettet im Forschungsschwerpunkt des Fachgebiets Elektrische Messtechnik, der auf die Entwicklung von Messsystemen zur Bestimmung akustischer Materialkenngrößen zielt. Herr Dr. Claes führte diese Forschungsarbeiten in enger Kooperation mit den Kollegen des Fachgebiets Thermodynamik und Energietechnik der Universität Paderborn unter Leitung von Professor Jadran Vrabec (heute an der TU Berlin) aus.
Sein Promotionsverfahren hat Dr. Claes mit dem bestmöglichen Prädikat abgeschlossen und er wurde in 2022 auch mit dem Preis des Präsidiums der Universität Paderborn für ausgezeichnete Dissertationen gewürdigt.
Herr Dr. Claes ist als Wissenschaftler hoch produktiv, was seine überdurchschnittliche Publikationstätigkeit eindrucksvoll belegt. So ist er u.a. Erst- bzw. Koautor von 17 Peer-Reviewed-Beiträgen in einschlägigen Fachjournalen und von mehr als 28 Konferenzbeiträgen. Für seine Forschungsarbeiten wurde Dr. Claes bereits mehrfach ausgezeichnet, z.B. mit dem RWB Stephens Prize beim 2019 International Congress on Ultrasonics in Brügge.
Auch in der universitären Lehre zur Messtechnik und Akustik engagiert sich Herr Dr. Claes vorbildlich. Er konzipierte selbst neue Wahlpflichtlehrveranstaltungen und in 2017 erhielt er gemeinsam mit Kollegen den Förderpreis für Innovation und Qualität in der Lehre für das Lehrkonzept „Klanganalyse und -synthese“, welches seitdem von ihm als Lehrveranstaltung für die Studierenden des Studiengangs „Populäre Musik und Medien“ an der Universität Paderborn angeboten wird.
Auch in einer anderen Weise passt er perfekt in die Gemeinschaft der Akustiker, denn zu seinen wichtigen Hobbies gehört neben dem Klettern auch das Musizieren. Einige Jahre war er als Hornist im Hochschulorchester aktiv und in den letzten Jahren ist er Gitarrist der „Isolier-Band“, einer Gruppe Musik-begeisterter Elektrotechniker am Fachgebiet Elektrische Messtechnik der Universität Paderborn.
So passt die Vita von Herrn Dr. Claes in einigen Punkten auch zum Namensgeber des seit 1992 vergebenen Nachwuchspreises - Lothar Cremer -, denn auch er studierte Elektrotechnik und musizierte leidenschaftlich.
Mein Dank gilt der Jury bzw. dem Vorstand der DEGA für die Auswahl und die damit verbundene Würdigung der wissenschaftlichen Leistung von Herrn Dr. Claes.
Ich bin überzeugt, Herr Dr. Claes ist ein überaus würdiger Preisträger für den diesjährigen Lothar-Cremer-Preis der Deutschen Gesellschaft für Akustik e.V.
Herzlichen Glückwunsch an den Preisträger Herrn Dr. Leander Claes!
Herrn Dr. Claes danke ich noch einmal herzlich für die ausgezeichnete und erfolgreiche Zusammenarbeit. Ich wünsche ihm in seiner wissenschaftlichen Karriere weiterhin viel Erfolg sowie alles Gute im persönlichen Leben.
Bernd Henning (Laudator)