Teilnahme an der DAGA 2024

Die 50. Jahrestagung für Akustik (DAGA 2024) fand vom 18. bis zum 21. März in Hannover statt. Auf der wohl bedeutendsten, nationalen Tagung auf dem Forschungsgebiet der Akustik war das Fachgebiet Elektrische Messtechnik mit insgesamt fünf Beiträgen vertreten.

Im Rahmen der Arbeiten der Forschungsgruppe 5208 (NEPTUN) stellten Olga Friesen und Kevin Koch Ergebnisse zur Bestimmung piezoelektrischer Materialparameter vor. Während Olga Friesens Beitrag "Untersuchung piezoelektrischer Materialeigenschaften unter hydrostatischer Last" den Einfluss äußerer Faktoren auf das Verhalten von Piezokeramiken aufzeigte, präsentiert Kevin Koch in seinem Beitrag "Inverses Verfahren zur Identifikation piezoelektrischer Materialparameter unterstützt durch neuronale Netze" einen Ansatz, wie maschinelles Lernen das Verfahren zur Lösung inverser Probleme in der Messtechnik unterstützen kann.

Im Rahmen der von Daniel Kiefer (Institut Langewin, Paris), Yevgeniya Lugovtsova (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung) und Leander Claes organisierten strukturierten Sitzung "Geführte mechanische Wellen und ihre Anwendungen" stellten Marcel Nicolai (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung) und Henning Zeipert in ihren Vorträgen "On the repulsion effect of coupled Lamb wave modes" und "Beschreibung des akustischen Verhaltens verklebter plattenförmiger Strukturen mittels Kopplungsmodellen" Ergebnisse zur Beschreibung des akustischen Verhaltens verkoppelter Plattenstrukturen vor. Weiterhin präsentierte Leander Claes in seinem Beitrag "Einfluss der periodischen Struktur auf geführte Wellen in gewebeverstärkten Polymeren" erste Ergebnisse aus der Untersuchung der Eigenschaften periodisch strukturierter, akustischer Plattenwellenleiter.

Die Kurzfassungen aller Beiträge finden Sie nachfolgend. Sobald der Tagungsband publiziert ist, finden Sie die Quellenangaben zu den Beiträgen in der Publikationsliste des Fachgebietes.

 

Kurzfassungen

Untersuchung piezoelektrischer Materialeigenschaften unter hydrostatischer Last (Ergebnisse aus dem DFG-Projekt: NEPTUN, FOR 5208)

Olga Friesen, Muhammad Ahsan Pasha, Max Schwengelbeck, Leander Claes, Elmar Baumhögger, Bernd Henning

Piezoelektrische Keramiken finden sowohl in Sensoren als auch in Aktoren Anwendung. Bei Hochleistungs-Ultraschallanwendungen sind diese Komponenten erheblichen elektrischen und mechanischen Belastungen ausgesetzt, was zum Auftreten nichtlinearer Effekte führt. Um das nichtlineare Materialverhalten piezoelektrischer Keramiken zu charakterisieren, kann eine statische mechanische Last aufgebracht werden, die den mechanischen Arbeitspunkt verschiebt. Durch Variation dieser statischen mechanischen Belastung kann das lineare Verhalten in jedem Betriebspunkt charakterisiert werden, woraufhin die nichtlinearen Eigenschaften des Materials angenähert werden können. Allerdings ist die Sicherstellung einer homogenen mechanischen Last anspruchsvoll. Alternativ kann eine hydrostatische Belastung realisiert werden, indem die Probe in einen Behälter gegeben wird, der mit unter Druck stehendem Fluid gefüllt ist. Dadurch wird eine gleichmäßige Lastverteilung über die Oberfläche der Probe erreicht.

In diesem Beitrag wird ein Versuchsaufbau zur Durchführung elektrischer Impedanzmessungen an piezoelektrischen Keramiken in einem Druckbehälter vorgestellt. Die Probe wird im Inneren des Druckbehälters elektrisch kontaktiert. Unter Verwendung von unter Druck stehendem Argon wird auf diese Weise die Messung der elektrischen Impedanz unter hydrostatischer Last von bis zu 200 bar ermöglicht. Anschließend wird ein inverses Verfahren angewendet, um die Materialparameter in Abhängigkeit von der aufgebrachten Last zu ermitteln.

Inverses Verfahren zur Identifikation piezoelektrischer Materialparameter unterstützt durch neuronale Netze (Ergebnisse aus dem DFG-Projekt: NEPTUN, FOR 5208)

Kevin Koch, Leander Claes, Benjamin Jurgelucks, Lars Meihost, Bernd Henning

Die genaue Kenntnis quantitativer Materialparameter ist eine Voraussetzung für simulationsgetriebene Entwurfsprozesse piezoelektrischer Sensoren und Aktoren. Aufgrund der großen Anzahl von Parametern, die zur Beschreibung des mechanischen, des elektrischen und des Kopplungsverhaltens dieser Materialien erforderlich sind, ist die Identifikation besonders anspruchsvoll. Ziel ist es, einen vollständigen Satz piezoelektrischer Materialparameter anhand einer einzelnen scheibenförmigen Probe zu bestimmen. Dies wird durch die Implementierung eines inversen Messverfahrens erreicht, das auf dem Abgleich der gemessenen Impedanz der physikalischen Probe mit der Ausgabe eines Finite-Elemente-Simulationsmodells, dem Vorwärtsmodell, basiert. In diesem Beitrag werden Methoden untersucht, die die Leistung des inversen Verfahrens durch Methoden des maschinellen Lernens verbessern sollen. Da für die Identifikation beispielsweise ein Gradienten-basiertes, lokales Optimierungsverfahren verwendet wird, ist eine initiale Schätzung der Parameter, der Startwerte, erforderlich. Für diese Startwertschätzung wird das Vorwärtsmodell mithilfe eines dichten neuronalen Netzwerks invertiert. Synthetische Trainingsdaten für das neuronale Netzwerk werden generiert, indem das Vorwärtsmodell ausreichend oft mit randomisierten Materialparametern ausgewertet wird. Nach Abschluss des Trainings werden die gemessenen Größen dem neuronalen Netzwerk zugeführt, das Startwerte für die Materialparameter liefert. Weitere Methoden zur Beschleunigung des Inversen Verfahrens, wie etwa eine Gewichtung der Zielfunktion auf Grundlage der Sensitivitäten des trainierten neuronalen Netzes, werden untersucht.

On the repulsion effect of coupled Lamb wave modes (Ergebnisse aus dem DFG-Projekt: LaWaMoRe, Nr. 449607253)

Marcel Nicolai, Henning Zeipert, Yevgeniya Lugovtsova, Jannis Bulling, Jens Prager, Bernd Henning

The frequency repulsion effect in coupled oscillators is well known in classical as well as in quantum mechanics (level repulsion, avoided crossing): A system of two coupled oscillators has two eigenfrequencies. As the coupling strength between the oscillators increases, the lower frequency decreases and the higher increases. Frequency repulsion, in classical mechanics, is mostly described analytically on simple, one dimensional oscillators. However, the effect has also been observed in more complex systems like coupled plates that carry Lamb waves. Numerous regions of repulsion (of frequency and wavenumber) can me made visible in the so called dispersion diagram, the frequency and wavenumber space, in which the Lamb wave modes of the system appear as dispersion curves. Since dispersion curves of Lamb waves can only be calculated numerically, gaining a better understanding of these repulsion regions by an analytical approach is very challenging. This presentation investigates the repulsion effect of coupled plates with simplified numerical models. Since the repulsion regions are correlated to the coupling strength of the plates, the quantification of the regions can have a promising application in non destructive testing of for example adhesive bonds.

Beschreibung des akustischen Verhaltens verklebter plattenförmiger Strukturen mittels Kopplungsmodellen (Ergebnisse aus dem DFG-Projekt: LaWaMoRe, Nr. 449607253)

Henning Zeipert, Jonas Hölscher, Leander Claes, Bernd Henning

Klebungen sind eine weit verbreitete Verbindungstechnik für eine Vielzahl technischer Anwendungen. Zur Prüfung solcher Klebeverbindungen werden auch heute noch vorwiegend zerstörende Prüfverfahren eingesetzt. Der Einsatz geführter Wellen, der bereits im Bereich der zerstörungsfreien Prüfungen sowie der Materialcharakterisierung etabliert ist, bietet auch für diese Anwendung einen vielversprechenden Lösungsansatz. Mit dem langfristigen Ziel ein verlässliches, zerstörungsfreies Prüfverfahren zur Bestimmung der Qualität von Klebeverbindungen zu entwickeln, werden die Änderungen dispersiver Eigenschaften geführter Wellen in verklebten Plattenstrukturen untersucht. Zur möglichst realitätsnahen Simulation dieses Verhaltens wird in dieser Arbeit ein zweischichtiges Materialmodell mit einem Kopplungsmodell verwendet. Die notwendige Implementierung erfolgt mittels einer Semi-Analytischen Finite-Element-Methode (SAFE). Dabei werden zunächst die notwendigen Anforderungen an ein solches Kopplungsmodell sowie eine mögliche Realisierung erläutert. Abschließend wird das aufgestellte Modell durch einen Vergleich mit realen Messdaten verifiziert.

Einfluss der periodischen Struktur auf geführte Wellen in gewebeverstärkten Polymeren (Ergebnisse aus dem DFG-Projekt: FaMOUS, Nr. 495847374)

Leander Claes

Die Anwendungsbereiche faserverstärkter Polymere reichen von der Luft- und Raumfahrt bis zur Automobilindustrie. Aufgrund der Komplexität und Vielfalt dieser Verbundwerkstoffe existiert bisher noch keine etablierte Methode zur zerstörungsfreien Prüfung. Eine Vielzahl vorangegangener Arbeiten zeigt jedoch, dass Untersuchungen mit geführten, akustischen Wellen einen vielversprechenden Ansatz darstellen. Insbesondere durch Gewebe verstärkte Polymere weisen eine periodische innere Struktur auf, wodurch der Schluss nahe liegt, dass diese Werkstoffe ein Verhalten ähnlich phononischen Kristallen aufweisen.

Eine simulative Studie zeigt, wie das Verhalten von geführten Wellen in faserverstärkten Kunststoffplatten durch die periodische Struktur beeinflusst wird. Dazu wird in einem vereinfachten Modell die Elementarzelle des gewebeverstärkten Kunststoffs modelliert. Die resultierende Bandstruktur weist auf das Vorhandensein von Merkmalen hin, die in phononischen Kristallen auftreten, wie etwa Bandlücken und eine Periodizität im Wellenzahlbereich. Zur experimentellen Verifikation der Simulationsergebnisse werden in faserverstärkten Kunststoffplatten breitbandige Ultraschallwellen angeregt und detektiert. Eine Auswertung der Messergebnisse zeigt unter anderem die Existenz mehrerer Moden, die sich auf die periodische Struktur des Materials zurückführen lassen. Weitere Untersuchungen sollen zeigen, ob die Auswertung dieser Merkmale Informationen über den Werkstoff liefern kann, z. B. um die Qualität der Faser-Struktur zu bewerten.