Forschungsschwerpunkt Grundlagen

Bei vielen Anwendungen, wie beispielsweise der Durchflussmessung, können (oder müssen) die akustisch relevanten Ausbreitungsquerschnitte (z.B. der Strömungskanal) als Wellenleiter betrachtet werden. Aus diesem Grund stellt die Analyse und Berechnung von akustischen Wellenleitern einen wichtigen Punkt innerhalb des Entwurfs- und Optimierungsprozesses akustischer Sensorsysteme dar. Dabei werden neben der klassischen FEM auch analytische, halbanalytische sowie numerische Methoden eingesetzt, um die Dispersion in verschiedenen Wellenleitergeometrien zu berechnen.

Bei einfachen Wellenleitergeometrien kann zumeist auf halbanalytische Methoden, wie beispielsweise die GMM (Global Matrix Method), zurückgegriffen werden. Komplexe, aber in axialer Ausdehnung gleichbleibende, Querschnittsgeometrien können z. B. mit Hilfe der WFE-Methode (Wellenleiter Finite Elemente Methode) modelliert und berechnet werden.

In akustischen Wellenleitern sind verschiedene Moden ausbreitungsfähig. Jede Mode bildet eine individuelle Druck- bzw. Spannungsverteilung über den Wellenleiterquerschnitt aus. Durch Simulation der Wellenausbreitung im Wellenleiter lassen sich diese Verteilungen vorhersagen und somit auch Sensitivitätsstudien auf bestimmte Messgrößen durchführen. Beispielsweise werden zur Analyse von Fluiden, hier umgibt das Medium meist einen soliden Wellenreiter, Moden gesucht, welche am Wellenleiterrand Spannungskomponenten ungleich Null aufweisen. In der Simulation lassen sich diese Moden identifizieren und ebenfalls Möglichkeiten zur Anregung der gefundenen Schwingungsformen ableiten.

Die junge Disziplin der Zeitumkehr-Akustik beschäftigt sich mit der gezielten Erzeugung lokal begrenzter Schallimpulse im Raum. Ausgenutzt wird dazu die ungestörte Überlagerung von Schallwellen, die konstruktiv zu lokalen Maxima oder destruktiv zu Minima des Schallwechseldrucks im Raum führen. Dazu wird ein impulsartiges Geräusch ausgesandt, aufgezeichnet und am Ort des Empfängers zeitlich umgekehrt wieder zurückgespielt.

Jede Veränderung des Systems während eines Zeitumkehrvorgangs führt zu einer deutlich hörbaren Anhebung des Störgeräuschs im Vergleich zum Nutzsignal. Dieser Effekt ähnelt der aus der Optik bekannten und ebenfalls sehr empfindlichen Schlierenoptik und lässt sich im Bereich der Ultraschallmesstechnik sehr vielfältig nutzen.

Füllstandsmessung

In der Chemie, Lebensmittelindustrie oder Biotechnologie müssen oft Füllstände gemessen werden ohne mechanisch in das Behältnis einzugreifen. Im Fachgebiet Elektrische Messtechnik ist dazu eine Erweiterung des altbekannten Puls-Echo-Verfahrens auf Basis von Ultraschall entwickelt worden, welches auch dann seinen Dienst verrichtet, wenn Einbauten, beispielsweise Heizrohre, den direkten Weg vom Sensor zur Flüssigkeitsoberfläche versperren. Grundlage dieses Verfahrens bildet die Zeitumkehrtechnik, die benutzt wird, um an der erwarteten Füllstandsoberfläche eine virtuelle Schallquelle zu erzeugen.

Das Verfahren unterteilt sich demnach in zwei Phasen. In der ersten Phase wird eine Kalibrierung durchgeführt, indem am erwünschten Füllstand eine kurze Schallsequenz in Richtung der Empfänger am Boden des Tanks ausgesandt wird. Die Empfänger zeichnen die Impulsantworten auf, um sie in der zweiten Phase zeitlich umgekehrt erneut zu senden. Dadurch wird die ursprüngliche Sequenz an der Oberfläche oder in ihrer unmittelbaren Nähe erzeugt. Die daraus resultierenden Antworten werden mit den aufgezeichneten Impulslaufzeiten korreliert. An dem Korrelationsmaximum lässt sich eine Laufzeitdifferenz ablesen und damit der Füllstand berechnen. FEM-Simulationen bestätigen die Realisierbarkeit des vorgestellten Verfahrens, wobei die Tankgeometrie bzw. die Lage der Einbauten einen signifikanten Einfluss auf die Qualität der Refokussierung hat. Hier werden Verfahren zur Optimierung der Bilanzraumgeometrie angewandt, womit im Sinne einer hohen Messgenauigkeit und Robustheit der Aufbau des Tanks an das Verfahren angepasst werden kann.

Eine alternative Variante, in welcher nicht die Flüssigkeit sondern der Tank selbst als akustisches Medium genutzt wird, kann zusätzliche Informationen über Phasengrenzen liefern und wird derzeit simulativ und experimentell untersucht.

Selektive Beschallung

In verschiedenen Bereichen der Beschallungstechnik ist es erwünscht Nutzinformationen nur an bestimmte Orte zu bringen. Die Ortsselektivität lässt sich einerseits durch herkömmliche Arraytechnik unter Einbeziehung der akustisch nichtlinearen Eigenschaften von Luft oder aber durch zusätzliche Anwendung der Zeitumkehr-Akustik erreichen.

Dabei wird ein impulsförmiges Schallereignis (Luftballonknall) ausgesandt und von einem Mikrofonarray aufgezeichnet. Viele Reflexionen an Wänden und Hindernissen verlängern den ursprünglichen Schallimpuls auf seinem Weg zu den Empfängern. Die zeitliche Umkehr der aufgezeichneten Signale und anschließende Abstrahlung an der Stelle der Mikrofone mit einem Lautsprecherarray erzeugt ein örtlich und zeitlich begrenztes Schallereignis am Ursprungsortwobei weitere Experimente zeigen, dass die Fokussierung umso besser wird, je mehr Mikrofon-Lautsprecher-Paare im Einsatz sind.

Die aus dem Zeitsignal bekannte Rauminformation kann verwendet werden, um Sprache und Musik an bestimmten Orten im Raum zu erzeugen. Ziel ist beispielsweise der Aufbau akustischer Wegweiser oder Informationsareale in Museen, ohne den gesamten Raum mit Störgeräuschen zu belasten. Mit den ersten Versuchen lässt sich zeigen, dass eine derartige Anwendung im betrachteten Versuchsraum und in HIFI-Qualität ca. 30000 verteilte Lautsprecher benötigt, was derzeit sicher nicht praktikabel ist. Deshalb werden im Fachgebiet weitere Methoden und Techniken entwickelt, um den Aufwand bei gleichbleibender Qualität zu verringern.

Die Bestimmung von Materialparametern spielt eine zentrale Rolle für die numerische Simulation von Ultraschallphänomenen. Gerade hinsichtlich des virtuellen Sensordesigns und der Sensoroptimierung sind realitätsnahe und quantitativ korrekte Ergebnisse von großer Bedeutung. Dazu müssen die bei der Simulation einzusetzenden Parameter der beteiligten Materialien/Materialmodelle sehr genau bekannt sein. Des Weiteren lässt sich durch Analyse der Materialeigenschaften von künstlich gealterten Probekörpern deren Langzeitverhalten bestimmen.

Festkörpermaterialien

Viele bekannte Verfahren zur Ermittlung der benötigten Parameter eignen sich nur für relativ niedrige Frequenzen. Teilweise werden die vom Hersteller angegebenen Materialkenngrößen aus statischen Zugversuchen ermittelt. Diese Werte lassen sich praktisch nicht auf den Frequenzbereich der Ultraschallanwendungen übertragen. Ein etabliertes Ultraschall-basiertes Verfahren zur Materialdatencharakterisierung setzt das Eintauchen des Probekörpers in ein Wasserbad voraus, was aber für viele eingesetzte Kunststoffe nicht praktikabel ist, da diese aufgrund ihrer hygroskopischen Eigenschaften zu viel Wasser während der Messung aufnehmen, was die Materialdaten verfälscht. Die Messbedingungen sollten insbesondere auch isobar, isotherm und isochron sein, da beispielsweise eine Temperaturänderung von 1 K bereits einen Fehler von mehr als 50 % bei der Bestimmung der Poissonzahl verursachen kann.

Am Fachgebiet Elektrische Messtechnik wird ein Verfahren entwickelt, welches in der Lage ist, mittels einer einzelnen Transmissionsmessung alle akustischen Materialkenngrößen einer vorkonditionierten Probe zu bestimmen. Das Verfahren basiert auf der multimodalen Wellenausbreitung im Probekörper, welche mithilfe inverser Algorithmen mit eingebetteter FEM und semianalytischer Methoden gezielt ausgewertet wird. Ein Eintauchen der Probekörper in ein Wasserbad ist hier nicht notwendig. Der Messvorgang aller gesuchten Materialkenngrößen wird mit einem einzelnen Ultraschall-Puls realisiert. Die Messung erfolgt in einer Klimakammer bei definiert einstellbaren klimatischen Messbedingungen, sodass der Einfluss der Temperatur auf die akustischen Materialeigenschaften der Probe gezielt analysiert werden kann. Die Temperaturabhängigkeit (und somit auch die Frequenzabhängigkeit) von Materialkenngrößen ist gerade für die „polymeren Werkstoffe“ von wesentlicher Bedeutung.

Ziel ist es, die frequenz- und richtungsabhängige Schallgeschwindigkeiten, die Schallabsorption und die Schallkennimpedanzen von Materialproben unter verschiedensten, praktisch relevanten Einsatzbedingungen (Temperatur, Feuchte, Medienexposition…) sowie bezüglich der Alterung zu bestimmen. Die Kenntnis über das jeweilige Materialverhalten unter Berücksichtigung der jeweiligen Beanspruchung ist wesentlich für das problemspezifische simulationsgestützte Design von modernen Ultraschallsensoren sowie für die Festlegung stabiler Auslegungspunkte.

Piezomaterialien

Neben den Materialdaten von passiven Festkörpern spielen die Eigenschaften der Piezokeramik als aktives Element eine entscheidende Rolle bei der Simulation von akustischen Sensoren und Aktoren. Aus diesem Grund beschäftigt sich das Fachgebiet Elektrische Messtechnik intensiv mit der Verfahrensentwicklung zur Ermittlung der für die numerische Simulation nötigen Materialparameter. Insbesondere eine gute Übereinstimmung von Simulation und Messung sowie eine hohe Reproduzierbarkeit stehen bei der Entwicklung im Vordergrund. Auf diese Weise entstand ein Messplatz, der ausgerüstet mit verschiedenen Optimierungsstrategien (genetische Algorithmen, Gradientenverfahren u.a.) weitgehend automatisiert die gesuchten Materialdatensätze ermittelt. Ausgangspunkt für die Optimierung ist oft der vom Hersteller der Piezokeramik angegebene Datensatz, wobei dieser in der Regel nicht auf den für die Ultraschallanwendung interessanten Frequenzbereich übertragbar und mit hohen Toleranzen behaftet ist. Auch sind oft nicht alle benötigten Parameter angegeben bzw. verfügbar. Zusätzlich ist eine Konsistenzprüfung nach DIN IEC 483 implementiert, so dass als Ergebnis nach der Optimierung ein direkt in der Simulation einsetzbarer konsistenter Datensatz zur Verfügung steht.

Mit Leistungsultraschall kann durch Ausnutzung nichtlinearer Effekte in Luft hörbarer Schall erzeugt werden. Dieser Effekt findet bereits Anwendung in den sog. parametrischen Lautsprechern, die einen stark gebündelten Schallstrahl erzeugen (Audio Spotlight, HSS, Senheiser).

Ziel ist jeweils eine streng lokal begrenzte Beschallung beispielsweise mit Navigationsinformationen ausschließlich für den Fahrer eines Automobils. Bei der Anwendung in kleinen Räumen wie beispielsweise in Fahrzeugen wird allerdings die Nutzbarkeit parametrischer Arrays durch Reflexionen an begrenzenden Flächen eingeschränkt, da hierdurch Schallstrahlen in andere Richtungen als der gewünschten abgelenkt werden. Die Reduktion von Reflexionen durch entsprechende Gestaltung der Schallemitter, der Array-Geometrie und durch Signalverarbeitung ist somit eine Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz für diese Anwendungsfelder